Bienen und
Superkräfte
Hier ist das Interview mit Herrn Merklinger, viel Spaß beim Lesen!
24.7.2014:
Es war warm am Donnerstag. Die Ferien waren schon zu
riechen. Noch ein paar Tage. Staub flimmerte in der stickigen Luft der Aula.
Ich hatte für diesen Tag ein lang geplantes Interview ausgemacht. Pünktlich um
13:15 Uhr wartete ich zusammen mit Antonia vor dem Sekretariat. Eine Tür
öffnete sich und frischer Wind schlug uns entgegen. "Kommt doch
herein", forderte Franz Merklinger uns auf. Mit den Fragen in der Hand
folgten wir ihm. "Und was ist eurer Anliegen?", wollte er wissen.
"Wir würden sie gerne interviewen. Für den Schulblog", erklärte ich.
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. "Dann legt mal los!"
Wann haben Sie zum letzen Mal etwas zum ersten Mal getan?
Jetzt gerade ständig. Durch den
Wechsel in meinen dritten Lebensabschnitt mache ich in letzter Zeit täglich
Neues. Mein bisheriges Leben war natürlich sehr von der Schule geprägt. Nun
wird dieser große Block wegfallen. Darauf muss ich mich einstellen. Und während
dies passiert, müssen natürlich noch Formalitäten geregelt werden. Man geht ja
nur einmal in Rente!
Was war Ihr größtes Hobby als Sie so alt waren wie wir?
Mhm, also in der zehnten Klasse.
Ich habe Lateinnachhilfe gegeben. Da habe ich nicht schlecht verdient. Und dann
habe ich noch Handball gespielt. Ich war ja in Gaienhofen auf der Schule, da
hatten wir eine Schulmannschaft. Mit der sind wir auch auf Turniere gegangen.
Welche Sache aus Ihrer Jugend würden Sie gerne einmal wiederholen?
Ich bin gern zur Schule gegangen.
Aber nicht wegen dem Unterricht, der war nicht ganz so wichtig damals für mich.
Ich hatte tolle Freunde auf der Schule. Dadurch, dass ich als Externer auf ein
Internat ging, lernte ich viele Leute schnell und intensiv kennen. Und die
Klassen waren klein. Nur 18 Schüler waren wir in unserer Klasse. Wenn man da den ganzen Tag zusammen sitzt,
entsteht eine tolle Gemeinschaft. Wir waren häufig Rudern und Baden. Auch jetzt
noch treffen wir uns alle fünf Jahre.
Was war ihr schönstes Geschenk?
Ich durfte auf das Gymnasium
gehen und nach dem Abitur studieren. Meine Eltern haben dies sehr unterstützt.
Mein schönstes Geschenk aber war ein Sprachaufenthalt in Cheltenham in England. Dort musste ich nicht zur Schule
gehen. Das waren spannende drei Monate. Ich lebte in ganz unterschiedlichen
Familien. In einer Familie waren, neben mir, noch fünf andere Kinder. Ich habe
mich sehr wohlgefühlt. Sehr schnell wurde ich in den englischen Alltag dieser
Familie mit eingebunden. Dann war ich mehrere Wochen in der Familie eines pensionierten Polizeipräsidenten. Dort
lernte ich auf eine ganz andere Weise als in der Großfamilie: Jeden Tag musste
ich einen gut ausformulierten Bericht über meinen Tag verfassen. Diese Zeit hat
mir wirklich viel gegeben.
Wer hat sie dazu animiert Lehrer zu werden?
Eigentlich wollte ich Diplombiologe
werden. In meinem vierten Semester traf ich meinen alten Lateinlehrer in der
Stadt. Ich war sehr begeistert von ihm als Lehrer; er bot einen
wunderbaren Geschichts- und
Lateinunterricht. Davor hatte ich nie
auch nur einen Gedanken an das Lehrerwerden verwendet. Er aber erzählte mir von
dem herrschendem Lehrermangel und beschrieb die Arbeit aus Lehrersicht so
spannend. Irgendwie hat er es wirklich vollbracht mich umzustimmen. Dadurch
habe ich ab dem vierten Semester noch Chemie dazu studiert und bin dann Lehrer
geworden.
Wie waren Ihre Jahre als Lehrer?
"Spannend" würde ich
sie, meiner Meinung nach, am besten bezeichnen. Ich hatte einen tollen
Fachleiter, Herrn Dr. Amann, als ich noch angehender Lehrer war. Er hat mich
regelmäßig in seinen Unterricht schauen lassen, seine Versuchsvorbereitungen
durfte ich mitmachen und er hospitierte oft in meinem Unterricht und gab mir
Ratschläge. Ich war 19 Jahre Lehrer in
Stockach und fast fünf Jahre Stellvertretender Schulleiter am FWG in
Singen. Am 5. Februar 2001 wurde ich
hier in Radolfzell als Schulleiter eingeführt.
Was würde Ihnen, aus unserer Sicht, an Schule im allgemeinen nicht
gefallen?
Ganz klar G8. Immer noch hadere
ich mit der Entscheidung des Ministeriums. Die Auswirkungen des gestohlenen
Jahrs zeigen sich deutlich: Dem hohen Druck sind nicht alle Schüler gewachsen.
Auch funktioniert der eigentliche Plan der zuständigen Politiker nicht. Die
Schüler studieren nicht wie gewünscht ein Jahr früher, sondern viele machen
nach der Schule ein Auslandsjahr . Ich halte das 13. Schuljahr sehr wichtig zur
Verknüpfung früherer gelernter Inhalte
zu einem Gesamtbild. Bei vielen Schülern hat es in der 13. Klasse
"Klick" gemacht. Und das fehlt. Dieser "Aha-Effekt". Den
gibt es so kaum mehr.
Um was beneiden Sie uns Schüler?
Ihr habt einen lebendigen
Unterricht. Die Struktur des Unterrichts hat sich verändert: Lehrerinput,
schüleraktive Unterrichtsphasen, eigenständiges Lernen mit guten
Arbeitsblättern und Arbeitsmaterialien. Vor allem durch das selbständige
Erarbeiten und Eintrainieren setzt sich alles viel schneller. Bei uns gab es
dies früher nur sehr selten. Und in den Praktika, diese Verknüpfung von Theorie und Praxis, um
die beneide ich euch.
Was ist, Ihrer Meinung nach, das Schlimmste
am Schüler sein?
Diese Frage lässt sich nicht so
einfach beantworten. Wahrscheinlich die pubertären Phasen; in dieser Zeit, in
der man keine Lust hat zu lernen, und
man dann die Quittung in Form schlechter Noten bekommt. Das ist hart.
Aber im Allgemeinen finde ich Schule als Lebensraum für Schüler natürlich
trotzdem sehr gut.
Welche Superkraft hätten Sie gerne?
Welche Superkraft? Ich bin eine
sehr empfindsame Person, reagiere schnell betroffen. Eigentlich sollte man viele
Dinge locker angehen können. Ich hätte gerne die Kraft, mehr noch über den
Dingen zu stehen und mehr besonnene Entscheidungen treffen zu können.
Was wird Ihnen in Ihrer Rente fehlen?
Ich kann mir meinen Tagesablauf
noch nicht genau vorstellen. Mein Tag war natürlich sehr von der Schule
geprägt, früh aufstehen und dann ab in die Schule. Danach
Unterrichtsvorbereitungen, Korrekturen und Fachbücher studieren. Mir wird der
Unterricht und die Verwaltungsarbeit ganz sicher erst einmal fehlen. Die Arbeit
mit immer gleichalten Schülern hat mich jung gehalten, sich mit den Ideen
auseinanderzusetzen, die die Schüler zur Gestaltung von Unterricht und Schule
kreativ einbringen.
Und was tun Sie in Ihrer neu gewonnen Freizeit?
Schon seit 2010 habe ich mir
Bienen angeschafft und imkere. Ich wohne auf einem großen Grundstück. Das bedeutet
natürlich auch viel Arbeit. Da meine Frau erst in einem Jahr in den Ruhestand
gehen kann, werde ich mich ein wenig mehr in den Haushalt einbringen. Ich
möchte noch mehr lesen , und ich möchte reisen. Bisher habe ich viel zu wenig
von der Welt gesehen; das muss ich nachholen.
Was ist Ihr Lebensmotto?
"Das Leben ist
schön!" Während meines Studiums
habe ich einen Film gesehen. Er hieß genauso. Er handelte von einer jüdischen
Familie. Die Eltern kommen während der NS-Zeit in ein KZ und der Vater
verschleiert dem Jungen die ganze Situation, ja, verzerrt sie so, dass der
Junge die Problematik nicht erkennt. Der
Film ging mir damals sehr unter die Haut; die Lebenskraft, die da zum Ausdruck
kam, hat mir sehr imponiert und ist mir zum Lebensmotto geworden.
Was wünschen Sie der Schule für die Zukunft?
Mit Frau Heller-Paulus wird eine
gute Lehrerin Schulleiterin. Eine gute Lehrerin hat ihr Schüler im Blick und
weiß was für sie wichtig ist. Die Schüler stehen im Mittelpunkt. Schule wird
gestaltet. Zusammen mit euch Schülern. Spannender Unterricht, Musicals,
Schulchöre, Orchester, Theater, Wassersport, all dies kommt aus eurer und der
Initiative der betreuenden Lehrer. Frau Heller-Paulus wird dies alles auch fördern. Ich wünsche der
Schule weiterhin , dass sie ein Lebensraum, ein Ort des Leistenwollens und
einer funktionierenden Schulgemeinschaft
bleibt und sich weiterentwickelt.
Vielen Dank für das Interview!
Hallo ihr Leser,
Wir hoffen, dass euch das Interview gefallen hat. Wir würden uns natürlich weiterhin über Einsendungen freuen.
Einen guten Rutsch!
Eure Antonia, Linn und Leon
Einen guten Rutsch!
Eure Antonia, Linn und Leon